Universität des Saarlandes
Fachschaft Computerlinguistik
Proceedings 17. StuTS

Busfahren in Saarbrücken

Ein nicht-deterministisches Experiment

Stephan Kötter · Vaterlandsweg 20 · 49086 Osnabrück

Alexander Krumeich · Borsigstraße 40 · 49084 Osnabrück
e-Mail: alakrum@cip.lili.uni-osnabrueck.de

Eigentlich klingt alles ganz einfach: Wir könnten mit einer der drei möglichen Buslinien 11, 13 und 19 von unserer Übernachtungsmöglichkeit zum Campus der Uni fahren. Schnell gehen würde es auch: Alle 5 Minuten sollte ein Bus dort hoch fahren. Daß sich dieses -- in der Theorie recht einfache -- Unternehmen in den nächsten Tagen zu einem Abenteuer mit immer neuen Überraschungen entwickeln würde, hätten wir uns im Traum nicht ausgemalt.

Als erstes Hindernis stellte sich heraus, daß an den Haltestellen schon die neuen Fahrpläne aushingen, die jedoch erst 4 Tage später Gültigkeit erlangen sollten. So war jeder Gang zu einer Haltestelle mit dem Gefühl der Ungewißheit verbunden, ob sich bei gerade dieser Linie der Plan geändert hat oder nicht. Verbunden damit, daß für jeden der vier Tage ein anderer Plan in Frage kam (Feiertag, Werktag, Samstag), war die Fahrplanfrage eine nicht zu unterschätzende Falle. Die erste Entscheidung eines jeden Morgens bestand darin, auszuwürfeln, an welcher Haltestelle man sein Glück versuchen sollte. Diese Entscheidung getroffen, machten wir uns auf den Weg zu einem der jeweils 10 Minuten entfernt liegenden Häfen der Hoffnung. Die drei Busse, die uns zur Verfügung standen, fuhren keineswegs an derselben Haltestelle ab. Jede der drei Möglichkeiten lag mindestens weitere 15 Minuten von einer der anderen entfernt. Im Endeffekt hatten wir das Vergnügen, für jede Fahrt zum Campus ungefähr eine halbe Stunde zwischen verschiedenen Haltestellen zu pendeln, da 1) der Bus gerade weg war und 2) der nächste erst 30 Minuten später abfahren sollte. Der angebliche 5-Minuten-Takt scheint also nur vom Campus in die Stadt existent zu sein: so nützte er uns rein gar nichts.

Das schönste Bus-Erlebnis der StuTS hatten wir allerdings am Abend der Abschlußparty. Leidgeprüft und resigniert zogen wir direkt zur Haltestelle am Rathaus. Diese liegt zentral und zwei der drei Linien fahren dort ab -- gute Chancen für einen schnellen Transport. Was sich dort innerhalb von zwanzig Minuten abspielte, läßt sich nicht gerade als Werbung für den ÖPNV in der Hauptstadt des Saarlandes beschreiben: Busse fuhren vor, die diese Haltestelle gar nicht bedienen sollten; ein anderer Bus stand an einer Kreuzung und tja, er stand: ca. 10 Minuten und machte keine Anstalten, sich von dort wegzubewegen! Und wahrscheinlich steht er noch heute da, wenn ihn nicht jemand weggeräumt hat. Auch diese Warterei hatte ein Ende. Irgendwann kam unsere Linie 19, jedoch nicht, ohne uns noch einmal zu ärgern: Obwohl die 50 m lange Busbucht vollkommen leer war, hielt das ersehnte Gefährt nicht etwa weit vorne, um uns Einlaß zu gewähren; nein, der Fahrer stoppte gleich. Nach 10 m kam er zum Stillstand, so daß wir wenigstens noch ein wenig rennen durften.

All dies könnte man noch als zeitweilige Ausnahme hinnehmen: Der Fahrplanwechsel, das Vorhaben, Saarbrücken zur größten Baustelle der EU zu machen usw. tragen alle dazu bei. Als wir jedoch den TeilnehmerInnen aus Saarbrücken unser Leid klagten, und fragten, ob sie diese etwas irritierende Art, sich mit öffentlichen Verkehrsmitteln fortzubewegen, nicht auch nervtötend fänden, begegnete man uns mit stoischer, ja fast norddeutscher Ruhe. Und genau dies läßt nur den einen Schluß zu: Die grausige Gewißheit, daß dies wohl der Normalzustand sein muß.


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