Um das weite Feld dieses im Titel der AG genannten Themas von vornherein ein wenig einzuzäunen und es sozusagen mundgerecht zu bekommen (immerhin waren wir ja an einem phonetischen Institut zu Gast), hatten wir uns von Anfang an auf ein spezielles Gebiet beschränkt: Wir untersuchten die in Gesprächen auftreten Unterbrechungen. Aber auch hierbei gibt es schon gewisse Annahmen. Daß er vielleicht doch nicht der Wirklichkeit entspricht, der Witz von der Frau, die sich von ihrem Mann scheiden lassen will, weil er nicht mit ihr spricht, worauf der Mann dem Gericht zu seiner Verteidigung erklärt, er habe sie ja einfach nur nicht unterbrechen wollen. Ja, daß es in Wirklichkeit die Männer sind, die viel reden und Frauen nicht zu Worte kommen lassen, und daß es eben auch die Männer sind, die die Frauen unterbrechen. Letzteres läßt sich in einer regen Forschung, die seit 1965 vor allem auf nordamerikanischen Gebiet betrieben wurde, wiederfinden. Damit existierte lange Zeit (bis etwa Mitte der 80er Jahre) eben eine solche Annahme, die in der Literatur fleißig tradiert wurde. In der AG stellten wir die vorläufigen Ergebnisse unserer eigenen Untersuchungen auf diesem Gebiet vor. Wir hatten uns dabei auf Interviews mit Politikerinnen und Politikern im Fernsehen gestützt und konnten die Daten vier solcher Interviews (mit Rita Süssmuth, Egon Krenz, Egon Bahr und Hillary Clinton) präsentieren.
Die Ergebnisse waren wen wundert's eher zwiespältig und konnten die oben erwähnte Annahme allenfalls bedingt stützen. Auch die von uns hinzugezogenen Daten von drei anderen Untersuchungen desselben Gegenstands (Interviews mit Ronald Reagan, Jim Callaghan und Magaret Thatcher) ließen eher den Schluß zu, daß es neben dem Geschlecht der Beteiligten vielfach auch andere Faktoren (z. B. die Anzahl der am Gespräch Beteiligten, Persönlichkeitsmerkmale einzelner GesprächsteilnehmerInnen oder auch kulturell bedingte Unterschiede) sind, die einen Einfluß auf den Gesprächsverlauf und auf die Häufigkeit der in dem Gespräch vorkommenden Unterbrechungen haben. Und daß es wichtig ist, diese besondere Art von Gespräch, das Interview, und die darin vorkommende Rollenverteilung zu beachten.
Ein wichtiges Ergebnis der AG war, daß es wichtig ist, neben der rein quantitativen Analyse von Unterbrechungen auch deren Qualität, deren Funktion im Gespräch näher zu bestimmen. Denn ebenso wie nicht jeder Unterbrecher von einem Mann kommt, ist nicht jeder oder jede, die oder der unterbricht, ein Gesprächsrowdy. Unterbrechen, oder um ein wertneutraleres Wort wenigstens jetzt zu verwenden: simultanes Reden von zwei an einem Gespräch beteiligten Menschen, kann durchaus unterstützende, kooperative Funktion haben. Ein Umstand, der in die reine Datenanalyse unserer Ergebnisse zwar noch nicht eingeflossen ist, der aber auch in der Diskussion immer wieder angesprochen wurde. Es gilt also, nicht nur andere sondern auch die eigene Forschung kritisch zu hinterfragen. Zu solch kritischem Hinterfragen gab es trotz des klein gehaltenen Feldes sichtlich Stoff genug. Nur die Tatsache, daß die Organisatoren der StuTS vorsorglich noch andere Termine vorgesehen hatten, hielt uns davon ab, den ganzen Nachmittag über Gespräche und das unterschiedliche Gebaren von Frauen und Männern dabei zu sprechen.
Wie gesagt, Diskussionsstoff gab es genug und Anregungen zu weiteren Untersuchungen auf diesem Gebiet auch auf neue Ergebnisse dabei dürfen vielleicht nicht nur wir gespannt sein.